Herr Kolbe, die micData AG besitzt Mehrheitsbeteiligungen an IT-Firmen mit dem Schwerpunkt Big Data. Agiert die micData dabei als IT-Unternehmen oder als Beteiligungsgesellschaft?
Oliver Kolbe: Wir positionieren uns klar als ein IT-Unternehmen, dessen Leistungen, Technologien und Produkte in Tochterunternehmen erbracht werden, an denen wir ausschließlich Mehrheitsbeteiligungen halten und die wir als IT-Gruppe strategisch und operativ führen und dabei Synergien nutzen. Unser Fokus liegt dabei auf dem Bereich Big Data, insbesondere der Optimierung von Analyse und Bearbeitung großer Datenmengen. Unser Ziel ist es, die micData-Gruppe im Rahmen einer Buy-and-Build-Strategie durch die Übernahme von etablierten IT-Unternehmen zu einer schlagkräftigen und profitablen „Big-Data“-Gruppe auszubauen. Big Data ist DAS Wachstumsfeld innerhalb der IT-Branche mit jährlichen Wachstumsraten von rund 40 Prozent.
Welche Rolle spielt der Schweizer IT- und Datenbank-Spezialist Diso AG, den Sie im vierten Quartal mehrheitlich übernommen haben, in Ihren Wachstumsplänen?
Oliver Kolbe: Die Diso ist ein wichtiger Baustein in unserer Wachstumsstrategie. Mit der Übernahme der Diso AG haben wir einen sehr erfahrenen und langjährig etablierten Datenbank-Spezialisten erworben, der zudem über eine attraktive Kundenbasis in der Schweiz verfügt, die exakt in das Zielgruppenprofil unserer Kerntechnologien zur Beschleunigung von Massendatenverarbeitungen passt. Seit 2014 bietet die Diso ihren Kunden nunmehr auch unsere Datenbankbeschleunigungstechnologie „dimensio“ sehr erfolgreich an und konnte in den ersten Monaten bereits mehrere Lizenzkunden gewinnen.
Apropos „dimensio“: Neben der Diso umfasst die micData-Gruppe aktuell noch Mehrheitsbeteiligungen an den Big-Data-Spezialisten dimensio und Exergy. Welches Know-how bringen diese beiden Technologietöchter in die Gruppe ein?
Oliver Kolbe: Die dimensio informatics GmbH entwickelt und vertreibt Softwareprodukte zur Analyse und Optimierung von Datenbankanwendungen und stellt quasi den technologischen Kern unserer Gruppe dar. Seit Markteinführung ihrer Software in 2013 hat die dimensio innerhalb kürzester Zeit bereits eine Vielzahl von erfolgreichen Testinstallationen durchgeführt und erste Lizenzumsätze mit renommierten Kunden generiert.
Die Exergy GmbH entwickelt Hochleistungsrechner auf Basis paralleler Prozessortechnologien. Die neueste Generation der Exergy-Hochleistungsserver hat die finalen Testläufe erfolgreich absolviert und befindet sich bereits im Verkauf. Darüber hinaus entwickelt die Exergy aktuell ein neues „hadoop“-Rechnerkonzept, das sich noch im Aufbau befindet und voraussichtlich Mitte 2015 am Markt eingeführt werden soll.
Könnten Sie uns bitte an einem konkreten Beispiel den Einsatz Ihrer Technologie und dessen Vorteile im Konkurrenzvergleich erläutern?
Oliver Kolbe: Nehmen wir ein typisches Beispiel unserer Tochter dimensio informatics GmbH: Für den Versicherungskunden Schweizerische Mobiliar AG, den größten Sachversicherer der Schweiz, konnten wir das Customer Relationship Management (CRM) System bei der Datenabfrage um den Faktor 6.300 beschleunigen. Die Datengenerierung bei Kundensegmentierungen und Marketingkampagnen, welche aufgrund der enormen Datenmengen zuvor teilweise über drei Stunden in Anspruch genommen hatte, konnte auf durchschnittlich zwei Sekunden beschleunigt werden. Diese Performancesteigerung hätte – wenn überhaupt – alternativ nur mit einem gewaltigen Einsatz an zusätzlicher Hardware erreicht werden können und hätte in diesem Fall ein Vielfaches an Investitionen erfordert.
Seit dem 29. Dezember 2014 ist die micData-Aktie im Freiverkehr der Münchner Börse gelistet. Dient die Börsennotiz in erster Linie der Wachstumsfinanzierung?
Oliver Kolbe: Das Börsenlisting ist ein wichtiger Baustein im Rahmen unserer Buy-and-Build-Strategie und damit eine wesentliche Komponente unserer Wachstumsstrategie. Nach der erfolgreichen Finanzierungsrunde der micData AG im September 2014 und der schon angesprochenen Übernahme des Schweizer IT- und Datenbankspezialisten Diso AG im November 2014 war der nunmehr erfolgte Börsengang der nächste logische Schritt in der Entwicklung der micData AG zu einem führenden Player im Bereich Big Data Informationstechnologien. Aus dem Erlös der Kapitalerhöhung planen wir in den nächsten Monaten weitere ertragsstarke IT-Unternehmen im Big-Data-Umfeld zu übernehmen. Hierzu führen wir einige sehr erfolgsversprechende Gespräche mit passenden Übernahmetargets. Darüber hinaus ist unsere Deal-Pipeline mit sehr profitablen und hervorragend eingeführten mittelständischen Unternehmen gut gefüllt, so dass wir sehr zuversichtlich sind, den Umsatz und Ertrag unserer Gruppe im laufenden Jahr signifikant erhöhen zu können.
Aktuell führen Sie eine Kapitalerhöhung um bis zu 500.000 Aktien durch. Warum haben Sie diesen ungewöhnlichen Schritt einer Erstnotiz noch vor dem Abschluss der Kapitalerhöhung gewählt?
Oliver Kolbe: Sie haben Recht, die zeitliche Abfolge ist etwas ungewöhnlich. Jedoch steht die Erstnotiz mit der Kapitalerhöhung nicht in einem direkten Zusammenhang. Das Börsenlisting der micData im Dezember 2014 war ein wichtiger Baustein im Rahmen unserer Buy-and-Build-Strategie, bei dem wir die Übernahme von IT-Unternehmen mit eigenen, börsennotierten Aktien im Rahmen von Sachkapitalerhöhungen finanzieren. Mit der aktuellen Kapitalerhöhung wollen wir zudem sicherstellen, dass auch die Aktionäre der mic AG, der Muttergesellschaft der micData AG, die Möglichkeit erhalten, sich zu den derzeit attraktiven Konditionen direkt an der micData AG beteiligen und am Wachstum unserer Gesellschaft partizipieren und profitieren zu können.
Bei einer vollständigen Platzierung der Kapitalerhöhung würde der Anteil der mic AG auf rund 76 Prozent sinken. Ist mittelfristig eine weitere Erhöhung des Freefloats geplant?
Oliver Kolbe: Unser Ziel ist es, den Freefloat mittelfristig auf rund 50 Prozent zu erhöhen. Dies planen wir mittels weiterer Bar- bzw. Sachkapitalerhöhungen zu realisieren. Eine wesentliche Triebkraft unseres Wachstums ist neben der operativen Weiterentwicklung von Umsatz und Ertrag, die bereits angesprochene Übernahme von weiteren IT-Unternehmen, die wir in der Regel mit eigenen Aktien finanzieren werden.
Welche Umsatz- und Ergebnisentwicklung haben Sie dabei im Blick?
Oliver Kolbe: Unser Augenmerk gilt derzeit dem Umsatzwachstum, wobei wir Wert darauf legen, dass dieses von einem ausgeglichenen Ergebnis begleitet wird.Im Jahr 2014 haben unsere Töchter in der Summe rund 10 Millionen Euro erlöst. Organisch planen wir im laufenden Jahr mit einem Zuwachs von 20 Prozent. Darüber hinaus streben wir die mehrheitliche Übernahme weiterer passender IT-Unternehmen an. Aktuell sprechen wir mit Unternehmen, die neben einem hohen synergetischen Potenzial zu unserer Kernpositionierung mit Umsätzen in einer Größenordnung von rund 2 bis 10 Millionen Euro beitragen können. Eine Umsatzverdoppelung in den nächsten 12 bis 18 Monaten ist eines unserer konkreten Teilziele.
Aktuell liegt die Marktkapitalisierung der micData AG bei rund 13 Mio. Euro. Wie sehen Sie die Bewertung im Konkurrenzvergleich? Gibt es bereits eine Einschätzung von Analystenseite?
Oliver Kolbe: Das ist richtig, die aktuelle Marktkapitalisierung vor Platzierung der Kapitalerhöhung liegt bei rund 13 Millionen Euro. Wir halten diese Bewertung aus mehreren Gesichtspunkten für sehr attraktiv: So bewegt sie sich weit unterhalb des von den Analysten von Alsterresearch auf Grundlage eines DCF-Modells ermittelten Unternehmenswertes und spiegelt damit gerade einmal das rund 1,3-fache des konsolidierten Gruppenumsatzes des vergangenen Jahres wieder. Zudem reflektiert dieser rein auf zahlungsmittelströmen basierende Bewertungsansatz nicht das eigentliche Wertpotenzial unseres Technologieportfolios. Mit dem Softwareprodukt „dimensio“ haben wir eine Technologie, die erst am Anfang ihrer Vermarktung steht und das Potenzial hat, sich als „Game Changer“ in der Datenbankindustrie zu etablieren.
Die Börsenumsätze der micData-Aktie sind noch äußerst gering. Wie wollen Sie in den kommenden Monaten einen regelmäßigen Handel gewährleisten?
Oliver Kolbe: Auf Sicht der nächsten sechs Monate planen wir unseren Freefloat auf über 30 Prozent auszubauen und über mehrere Maßnahmen die Handelbarkeit der Aktie zu erhöhen. Die aktuelle Bezugsrechtskapitalerhöhung wird den Freefloat steigern, weitere Kapitalerhöhungen z. B. im Rahmen von zukünftigen Übernahmen von IT-Unternehmen werden den Streubesitz ebenfalls erhöhen. Zudem wollen wir über eine aktive Presse- und Investorenarbeit den Markt zeitnah und umfassend über aktuelle operative Entwicklungen bei unseren Tochterunternehmen informieren und so die Visibilität der Aktie erhöhen. Hierzu werden wir auch die Gelegenheit nutzen, uns im Rahmen von Kapitalmarktveranstaltungen und Konferenzen zu präsentieren und die micData-Aktie zu profilieren.
Herr Kolbe, vielen Dank für das Interview.